Streitkultur: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold?

positive streitkulturEs gibt Unternehmen, in denen steht Widerspruch oder das Vertreten der eigenen Meinung wirklich nicht gerade hoch im Kurs! Dabei ist das Recht auf freie Meinungsäußerung doch sogar im Grundgesetz als Grundrecht definiert. Aber das Arbeitsleben zeigt – wie so oft – auch hier ein eher differenziertes Bild in der Streitkultur

Was bedeuten eigentlich Widerspruch und Kritik für ein Unternehmen bzw. einen Vorgesetzten? Zunächst einmal Aufwand, Arbeit, Auseinandersetzung, vielleicht sogar Konflikt oder Streit. Diskussionen sind unbequem, die besseren Argumente der „Gegenseite“ bedeuten gefühlt oft eine Niederlage, und immerhin bin ich doch schließlich nicht von ungefähr der Chef!!! …, oder??? Was sollen denn da die Kollegen denken?

Zunächst einmal gilt es zu unterscheiden, ob Auseinandersetzungen im Unternehmen auf der Sachebene oder auf der persönlichen Ebene geführt werden. Vorweg sei gesagt, dass persönliche Auseinandersetzungen immer (und d.h. wirklich immer!!) unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit geführt werden müssen. Anderenfalls entstehen persönliche Befindlichkeiten,  die nur noch schwer, wenn überhaupt zu heilen sind. Aber über das lösungsorientierte Führen persönlicher Auseinandersetzungen werden wir ein anderes Mal schreiben.

Das Innovationsklima eines Unternehmens hängt von der Unternehmenskultur (übrigens nicht von den Leitbildern eines Unternehmens) ab. „Ein Unternehmen, das seine Leitbilder und Führungsgrundsätze an die Wand hängt, hat führungsseitig versagt! Leitbilder und Führungsgrundsätze sollen gelebt und nicht nur angesehen werden, top-down übrigens und nicht bottom-up.“ Dieser These einer sehr weisen Personalberaterin (nicht Headhunterin) bin ich schon sehr früh in meiner beruflichen Karriere begegnet und sie hat sich in fast allen Unternehmen, die ich betrachten durfte, bewahrheitet. Innovation entsteht in einer positiven Streitkultur aus der Auseinandersetzung, dem Ringen um die Wahrheit.

Jedoch gilt es, dabei einige Regeln zu beachten:

1. Chefs sind auch nur Menschen!
Kein Mensch liebt Kritik! Kritik äußern, bedeutet urteilen. Urteilen heißt beurteilen, vielleicht sogar verurteilen. Wer möchte schon gerne verurteilt werden? Ein alter Führungsgrundsatz lautet „Lobe/tadele die Tat, nicht den Täter!“, und gilt tatsächlich in alle Richtungen!  Tabu ist auch die Kritik an nicht anwesenden Kollegen. Kritik darf kein Selbstzweck sein und muss dem Angesprochenen immer die Möglichkeit geben, seinen Standpunkt zu überdenken und und ggf. zu ändern.

2. Denken in Lösungen!
Kritisieren ist einfach, das Denken in Lösungen dagegen sehr anspruchsvoll. Wer kritisiert, sollte sich schon Gedanken gemacht haben, wie man es besser machen könnte. Spätestens, wenn der Chef fragt: „Und was schlagen Sie vor?“ sollte man keine Antwort schuldig bleiben. Das bedeutet, „erst denken, dann kritisieren!“ Schnell wird dann auch klar, ob man über alle relevanten Informationen verfügt, alle Aspekte berücksichtigt hat und realistische Vorstellungen (Budget, Ressourcen etc.) von der Umsetzung des eigenen Vorschlages hat.

3. Pick your battles wisely!
Man sollte schon sehr genau wissen, wann, wo, für wen und für was man sich ins Gefecht wirft. Das Rad wurde bereits erfunden, man muss es nicht noch einmal tun. Die qualitativ hochwertigere Lösung mag vielleicht wünschenswert sein, ohne ausreichendes Budget oder Ressourcen ist es ein Streit um des Kaisers Bart. Und ja, manchmal geht es insbesondere in großen Unternehmen auch gar nicht um die sachlich richtige, sondern um eine politisch gewollte Lösung. Da werden aus Fettnäpfchen sehr schnell Butterfässer. Erst wenn man das Terrain sehr gut sondiert hat, kann man die Erfolgsaussichten realistisch beurteilen.

4. Wer sein Maul aufmacht, darf keine Fehler machen!
Wer andere kritisiert, sollte durchaus vor seiner eigenen Tür bereits gekehrt haben. Das Anlegen unterschiedlicher Maßstäbe für das eigene und das fremde Handeln ist eben nicht zulässig und öffnet unnötig neue Kriegsschauplätze.

5. Die Zwei-Gewinner-Strategie
Konstruktive Kritik schafft entscheidende Vorteile für alle Beteiligten; schade, wenn es niemand  – auch nicht der Adressat der Kritik – mitbekommt. Kritik ist immer auch eine kommunikative Herausforderung. Denken Sie darüber nach, welche Vorteile für den Gesprächspartner aus der vorgestellten Lösung entstehen könnten (Einsparpotenziale, Ruhm & Ehre, mehr Umsatz/Ertrag etc.). Erst wenn es gelingt, diese gemeinsamen Vorteile deutlich zu machen, wird man vom nervenden Nörgler zum wertvollen Mitarbeiter. Dass man dabei auf sich positiv aufmerksam macht und für weiterführende Aufgaben empfiehlt ist ein schöner und willkommener Nebeneffekt.

Viel Erfolg beim konstruktiven kritisieren! Wenn Sie diese Punkte beherzigen, haben Sie schon den ersten Schritt zu einer positiven Streitkultur geleistet. Sollten Sie jedoch ein Training dafür buchen wollen, stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.

 

Verfasst von

Die Unternehmensberater und Trainer der Business Navigatoren GmbH betreuen seit 2009 Mandate mit Schwerpunkt im Change Management. Ihre Kunden sind überwiegend mittelständisch geprägte Unternehmen und deren Inhaber u.a. aus den Bereichen Automotive, Tourismus, Einzelhandel, Dienstleistung, Nahrungsmittelzulieferer, Unterhaltungselektronik, Wohnungswirtschaft, Produzierendes Gewerbe und Konsumgüter. Die Business Navigatoren unterstützen ihre Kunden in den Bereichen Strategische Unternehmensführung, Personal- & Organisationsentwicklung und Marketing auf der Grundlage von mehr als 20 Jahren Erfahrung als Fach- und Führungskräfte bis auf Top Management Niveau in internationalen Konzernen. Sie sind akkreditierte und zertifizierte Trainer und Berater des Team Management Systems (TMS Margerison / McCann)