In den letzten Wochen sorgte ein Brandbrief eines ehemaligen leitenden Angestellten von der Investmentbank Goldman Sachs in den Medien und der Branche für helle Aufregung. Nach Abschluss des Arbeitsverhältisses wurde en detail abgerechnet! Zitate aus Briefen und Gesprächen mit Vorgesetzten und Kollegen über Interna und Kunden, die Missstände in der Organisation, mangelnde Loyalität gegenüber Kunden und eine verkommene, respektlose Unternehmenskultur aufdecken sollten. Ein ungeheuerlicher Vorgang, der den Ruf des ehemaligen Arbeitgebers schwer beschädigte. Und sofort entfachte eine mediale Diskussion über Investmentbanker im Allgemeinen, Goldman Sachs im Besonderen und überhaupt die unterschiedlichsten Arbeitgeber. Plötzlich fühlen sich Hinz und Kunz berufen, Vertrauliches über ihre alten Arbeitgeber und die Kollegen in die Welt hinaus zu posaunen.
In den sozialen Netzwerken wie Linkedin oder Xing gibt es Gruppen von Ehemaligen internationaler Konzerne, die sich öffentlich darüber austauschen, ob man seinen ehemaligen Arbeitgeber nun hasst oder doch eher (noch) „liebt“. Interessanterweise scheint die Rückschau um so positiver verklärt zu sein, je länger das Arbeitsverhältnis zurück liegt. Das menschliche Gedächtnis blendet oft mit der Zeit die negativen Aspekte eines Lebensumstandes aus: „Die Zeit heilt viele Wunden!“
Aber wie soll man nun mit Missständen im Unternehmen während und nach dem Arbeitsverhältnis umgehen?
Im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch gibt es dafür eine einfache Formel: „Love it, change it or leave it!“ Wenn Du Dich in Deinem Arbeitsumfeld nicht wohlfühlst, versuche es zu ändern; ist Dir das in einem akzeptablem Zeitraum nicht möglich, verlasse dieses Arbeitsumfeld!
Also im Klartext: „Entengeschnatter und Gemaule“ sind keine Lösung! Hier ist aktives Handeln gefordert!
Jeder Mitarbeiter sollte sich also fragen:
- Was soll sich konkret verändern und warum?
- Was kann ich persönlich beitragen, um diese Veränderung herbei zu führen?
- Wer kann mir im Unternehmen dabei helfen?
Sie glauben, Sie haben keinen Einfluss? Sie haben Angst, Ihren Job zu verlieren, weil Sie unangenehme Fragen stellen? Wenn Sie es nicht wenigstens einmal versuchen, werden Sie nie erfahren, was Sie in Ihrem Unternehmen wirklich erreichen können.
Wenn Sie dann zu dem Schluss kommen sollten, Sie können nichts erreichen, dann suchen Sie sich einen neuen Arbeitgeber, der Wert auf Ihren Beitrag legt und ein für Sie günstigeres Arbeitsumfeld bietet.
Gelingt Ihnen das nicht, hören Sie bitte wenigstens auf, herum zu maulen. Machen Sie das Beste aus der aktuellen Situation und warten Sie auf eine neue, vielleicht bessere Gelegenheit. Manchmal ändern sich die Umstände oder handelnde Personen schneller als man denkt.
Aber ständiges Gejammer, wie schlecht doch alles ist, vermiest nicht nur Ihnen dauerhaft die Stimmung, sondern auch den Kollegen.
Ganz offensichtlich ist in unserem Eingangsbeispiel die Veränderung nicht gelungen!
Im Zweifel geht es nun darum, einen neuen Arbeitgeber mit passenden Rahmenbedingungen zu finden.
Man sollte sich aber zunächst einmal sehr gut überlegen, ob und welche Interna des alten Arbeitgebers gegenüber externen Dritten oder gar öffentlich kommuniziert werden. Als ehemaliger Investmentbanker hat man nach einigen Jahren vielleicht bereits ausgesorgt und ist wirtschaftlich so unabhängig, dass man keinen neuen Job mehr braucht.
Für alle anderen gilt: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!“ Jeder neue Arbeitgeber wird sich fragen müssen, ob Sie nicht bei passender Gelegenheit auch Interna über ihn ausplaudern, Sie also ein Risikofaktor für den eigenen Leumund sind. Spätestens dann, wenn Ihr Gesprächspartner über diesen Aspekt nachdenkt, haben Sie sich selbst disqualifiziert. Durch die Macht der neuen Medien erhöht sich dieses Risiko für jedes Unternehmen ins Unermessliche. Die Erkenntnisse, dass es oft Jahre braucht, um eine Marke erfolgreich aufzubauen, jedoch nur ein unbedachtes Wort (wie z.B. „Peanuts“), um sie auf das Schwerste zu beschädigen, macht viele Unternehmen in diesem Bereich sehr sensibel.
Bekanntlich weiss man aber erst, dass man aus dem Paradies vertrieben ist, wenn man draußen ist!