Drama am Arbeitsplatz
Was macht man an einem verregneten Sonntag? Richtig – Videos mit hohem Suchtfaktor so lange anschauen, bis es irgendwann wieder aufhört zu regnen. Fängt man dann eine Staffel „24“ an, ist der Sonntag eh schneller vorbei, als man die DVD’s in den Player schieben kann. Dann ist es eigentlich auch völlig egal, ob schon längst wieder die Sonne scheint!
Bei soviel Spannung und Abenteuer wenn Jack Bauer als einsamer Wolf im Kampf gegen die Terroristen völlig auf sich alleine gestellt und nur unter Einsatz aller – und ich meine wirklich ALLER – Mittel dem Guten zum Sieg verhilft, ist der traurige Montag Morgen schneller da, als es einem lieb ist …
Das bringt einen dann aber wieder ziemlich schnell auf den Boden der Tatsachen des Arbeitsalltages zurück und gleichzeitig ziemlich ins Grübeln.
Natürlich ist es etwas ganz Anderes, wenn man im Kampf gegen das Böse auch die eigentlich geltenden Regeln einmal außer Acht lässt – und das natürlich auch nur im dramatischen Film.
Aber wie ist das eigentlich am Arbeitsplatz? Kann man auch im Büro die Unternehmensregeln einfach links liegen lassen und für die gute Sache rechts überholen?
Im Englischen hört man in diesem Zusammenhang häufiger einmal den folgenden Satz: „Don’t ask for permission – ask for apology!“ Diese nachträgliche Bitte um Vergebung, wenn die normative Kraft des Faktischen bereits wirkt, soll natürlich ein mögliches Verbot durch den Vorgesetzten erst gar nicht möglich machen. Die nachträgliche Gutheißung eines eigentlich falschen Verhaltens am Arbeitsplatz wird im Hinblick auf das positive Ergebnis quasi erzwungen.
Diese Arbeitsplatz Strategie schafft auf den ersten Blick eine Win/Win-Situation für Chef und Mitarbeiter:
- Der Chef hat vorher nix gewusst und hat sich daher in keinem Falle falsch verhalten (natürlich immer abhängig davon, ob er es hätte wissen können oder müssen – aber Sie wissen ja, wie so was läuft, oder …!?!?).
- Der Mitarbeiter hat im Falle des Erfolges offensichtlich auch gegen die bestehenden Regeln gerade richtig gehandelt. „Der Zweck heiligt eben die Mittel.“
Okay, im Falle des Misserfolges handelt es sich natürlich nicht mehr um eine Win/Win-Situation, sondern nur noch um eine Win/Loose-Situation:
- Gewinner bleibt der Chef, weil er ja nach wie vor nix gewusst hat.
- Looser ist der Mitarbeiter, der nicht nur gegen die Regeln verstossen, sondern auch noch zu allem Überfluss keinen Erfolg damit gehabt hat. Die Konsequenzen dürften jedem klar sein …
Ach übrigens: Hier erkennt man auch recht schnell die Bedeutung von sogenannten „Nicht-Gesprächen“ am Arbeitsplatz zwischen Chef und Mitarbeiter …
Aber was ist denn jetzt? Darf man nun, oder darf man nicht die Regeln für den guten Zweck brechen?
Ich gebe gerne mit Goethe zu: „Zwei Herzen schlagen, ach! in meiner Brust …“ und bin mitten drin im Faustischen Dilemma am Arbeitsplatz!
Wenn die Regeln eindeutig sind, ist kein Platz für eine Güterabwägung! Da kann der gute Zweck so gut sein, wie er will!!! Die Wahl zwischen Pest oder Cholera ist und bleibt keine echte Option!
Aber wenn der Zweck doch wirklich soooo guuuuut ist???
Zu einer geradezu mephistolischen Lösung des Dilemmas am Arbeitsplatz würde man sich fragen:
Was wäre denn, wenn die Regeln am Arbeitsplatz gar nicht so eindeutig sind, sondern der Auslegung zugänglich wären? Bestünde dann nicht doch ein gewisser Interpretationsrahmen und damit ein ebenso gewisser Handlungsspielraum?
Tja, dann könnte man sich zumindest um die richtige Auslegung der Regel streiten (… und zwar getreu dem Grundsatz „Ober sticht Unter“ besser erst nach dem Erreichen des guten Zweckes!).
Es gilt also in jedem Falle sind zwei Fragenkomplexe zu beantworten:
Der gute Zweck:
- Was will ich konkret erreichen?
- Wem nützt, wem schadet das Vorhaben?
- Wer bestimmt die Qualität des Zweckes: Ich, der Chef, das Unternehmen, der Kunde …?
- Wie gut ist der Zweck nach objektiven Kriterien?
Würde ein unabhängiger Betrachter den erstrebten Zweck ebenfalls nach objektiven Kriterien positiv beurteilen, ist die erste Hürde geschafft.
Die Regeln:
- Gibt es Regeln, die Ihr Vorhaben verhindern? Sind diese eindeutig und nicht disponibel? – Vergessen Sie das Vorhaben!!
- Gibt es Regeln, die Ihr Vorhaben ermöglichen?
- Haben Sie einen konkreten Handlungs- und Entscheidungsspielraum?
Kommen Sie hier ebenfalls zu einer positiven Antwort, sollten Sie sich noch die möglichen Konsequenzen im Falle des Scheiterns bewusst machen, Wahrscheinlichkeiten berechnen und mutig zu Ihrer Entscheidung stehen. Und dann heißt es, den guten Zweck zu erreichen!
Ach ja: Wenn Sie solche Entscheidungen am Arbeitsplatz treffen, sollten Sie auch persönlich die Verantwortung (im Guten wie im Schlechten) übernehmen! Delegieren ist in diesem Falle eindeutig das falsche Führungsinstrument.
Und damit Sie wirklich auch immer auf der guten Seite der Macht operieren, empfehlen wir Ihnen dringend die Lektüre unseres Beitrages zum Thema Moral und Ehrbarkeit.